Ratgeber

Persönlich Abschied nehmen

Möglichkeiten, dem Verstorbenen noch einmal nahe zu sein
Nach einem Todesfall sind viele Dinge zu erledigen. Die Zeit drängt. Manches ist unaufschiebbar. Doch was ist wirklich wichtig? Die meisten Menschen sind mit der Erfüllung praktischer Aufgaben beschäftigt, die an sie herangetragen werden. Sie vergessen dabei, dass die kurze Zeit zwischen Tod und Beisetzung die einzige Möglichkeit bietet, dem Toten noch einmal nahe zu sein, um persönlich Abschied zu nehmen. Früher war die Begleitung eines Menschen bis zur Beerdigung in der Regel Aufgabe der Familie und Gemeinschaft. Der Tote wurde zu Hause, in den eigenen vier Wänden aufgebahrt, von Angehörigen gewaschen und versorgt und blieb im Kreis der Familie, bis er der Erde übergeben wurde. Der Brauch der Totenwache diente dem Gebet und dem gemeinsamen Abschiednehmen. Familienangehörige und Nachbarn trugen auch den Sarg zum Grabe. Heute ist vieles anders. Anfallende Tätigkeiten werden delegiert. Bestattungsunternehmen kümmern sich um fast jede Kleinigkeit. Für viele Menschen ist dies eine Erleichterung, weil ihnen der Umgang mit dem Tod fremd und unangenehm geworden ist. Viele verzichten darauf, sich die Person, um die sie trauern, noch einmal anzusehen. Sie möchten sie lieber so in Erinnerung behalten, wie sie zu Lebzeiten gewesen ist.


Persönlich Abschied nehmen

Andere finden es unsagbar schwer, sich so schnell von einer geliebten Person zu trennen. Sie möchten sie vor der Beisetzung noch sehen oder bei sich haben. Sie möchten die letzte Gelegenheit ergreifen, in ihrer Nähe zu sein. Nicht nur die Trauer, auch der Abschied vom Körper eines geliebten Menschen braucht oft Zeit und einen geeigneten Raum. Ein Todesfall verunsichert. Viele Menschen wollen nichts falsch machen. Sie fragen, wie das zu tun ist, was nun zu tun ist. Sie orientieren sich an vorgegebenen Handlungsmustern, folgen Empfehlungen, die nicht immer und nicht unbedingt für jeden die besten sind. Und sie machen sich manchmal Vorwürfe, gewisse Dinge versäumt zu haben. Aber dann ist es zu spät.


Formen des persönlichen Abschieds

Viele Institutionen setzen sich für einen menschlichen und unverkrampften Umgang mit dem Tod ein. Die Hospizbewegung ermutigt dazu, Trauer zu gestalten und Toten zum Beispiel durch Waschung und Einkleidung einen letzten Liebesdienst zu erweisen. Ein Papier der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Titel „Unsere Sorge um die Toten und die Hinterbliebenen“ bedauert, dass viele gesetzliche Regelungen den Tod aus der Öffentlichkeit verbannen. Durch die liebevolle Zuwendung zu einem Verstorbenen dagegen könnten Dank und Abschied Ausdruck finden. Die Trauerbegleiter Lis Bickel und Daniela Tausch-Flammer plädieren in ihrem Buch „Wenn ein Mensch gestorben ist“ für persönliche Formen des Abschiednehmens: „Es hilft uns, die Tatsache des Todes, die wir ja ohnehin kaum verstehen und annehmen können, etwas mehr zu begreifen.“ Manche Menschen spüren erst nach einer Beisetzung schmerzlich,  was  sie gerne getan hätten. Vieles mag heute nicht mehr üblich, kann aber dennoch richtig und wichtig sein.
  • Abschied zu Hause: Wenn ein Mensch zu Hause gestorben ist, muss er nicht am selben Tag von einem Bestattungsinstitut   abgeholt   werden, wenn Sie ihn noch bei sich behalten möchten. Eine Bestattung darf erst 48 Stunden nach Eintritt des Todes erfolgen.
  • Abschied im Krankenhaus: Leider kommt es immer noch vor, dass Menschen nach ihrem Tod im  Krankenhaus schnell in unwürdigen Räumlichkeiten oder in Kühlhäusern verschwinden. In vielen Einrichtungen ist der Umgang  mit  den  Toten mittlerweile jedoch sensibler geworden, wird Angehörigen die Möglichkeit eingeräumt, sich in Ruhe von Verstorbenen zu verabschieden.
  • Versorgung: Wenn Sie eine gestorbene Person waschen und einkleiden oder dabei behilflich sein möchten, ist dies grundsätzlich möglich. Ihr Bestatter kennt die genauen Bestimmungen darüber, was Tote tragen dürfen. Manchmal werden auch Grabbeigaben wie zum Beispiel Briefe und Fotos – bei Kindern Teddybären – mit in den Sarg gelegt.
  • Letzte Begegnungen: Wenn Sie den Toten vor der Beisetzung noch einmal sehen   möchten, muss Ihnen diese Möglichkeit eingeräumt werden. Leider mangelt es hierfür oft an würdigen und geeigneten  Räumlichkeiten. Ort und Zeitpunkt dieser letzten Begegnung können sehr unterschiedlich sein. Mancherorts ist es möglich, einem gestorbenen Menschen ungestört in einer Kapelle oder Aufbahrungshalle nahe zu sein – auch am Abend oder am Wochenende. In den meisten größeren Städten dagegen gibt es für die letzte Begegnung genau festgelegte Zeiten. Außerdem werden Hinterbliebene heute oft durch eine Glasscheibe von ihren toten Angehörigen getrennt. Ein persönlicher Abschied wird durch diese unpersönliche und kalte Atmosphäre unmöglich gemacht. Falls es Ihr Wunsch ist, sollten Sie daher darauf bestehen, zum offenen Sarg vorgelassen zu werden.